Pandemie, internes Management und Kooperation: Erfahrungen aus Kuba mit Covid-19

Aime Triana Sevajanes y Roberto Jacinto Cabanas Vazquez

Aimé Triana Sevajanes

Ist Studentin im vierten Studienjahr am Institut für Internationale Beziehungen Raúl Roa Garcia in Havanna.

Roberto Jacinto Cabañas Vázquez 

Ist ebenfalls Student im vierten Studienjahr am Institut für Internationale Beziehungen Raúl Roa Garcia.

Die Pandemie, die vom SARS-CoV-2 Virus ausgelöst wurde, hat es geschafft, sich mit ungekannter Geschwindigkeit auf der ganzen Welt auszubreiten – mit vielschichtigen Auswirkungen auf den Bereich der Gesundheit. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Bis September 2020 wurden weltweit mehr als 900.000 Tote gezählt und es wird für 2021 ein Rückgang der Weltwirtschaftsleistung um 5,2 % erwartet (Banco Mundial, 2020). 

Angesichts dieser Realität haben die Regierungen diverse Strategien zur Abschwächung der Folgen dieser Krankheit entwickelt. Großmächte wie die Vereinigten Staaten haben Millionen von Dollar für die Bekämpfung der Pandemie ausgegeben. Dennoch hat sich die Effektivität der eingeführten Maßnahmen in der Welt in vielen Fällen als unzureichend herausgestellt, um die Fallzahlen zu reduzieren. 

Vor diesem Hintergrund fällt auf, dass Kuba, eine kleine, unterentwickelte und seit mehr als 60 Jahren einer vernichtenden Wirtschafts- und Finanzblockade durch die USA unterworfene Insel ermutigende Ergebnisse in ihrem Umgang mit Covid-19 vorweisen kann. Bis zum Januar 2021 gab es in der karibischen Nation insgesamt 2808 bestätigte Fälle von SARS-CoV-2, was eine weitaus geringere Betroffenheit als in den Ländern der nördlichen Hemisphäre ausweist (Rodríguez, 2020).  

Diese positiven Indizien für die Gesundheit in Kuba sind kein Zufall. Sie sind getragen von den Kräften des nationalen Gesundheitssystems, das entlang von 60 Jahren Revolution entwickelt wurde. Dazu zählt auch die Aufopferung der hochqualifizierten und engagierten Fachkräfte, von denen viele internationale Erfahrung haben. Es ist die Existenz einer öffentlichen Gesundheitsversorgung, die universell, kostenlos, inklusiv sowie unterstützt von einem System  konsolidierter und frühzeitiger Behandlung ist. Die Verfügbarkeit einer gesundheitlichen Infrastruktur und ausgezeichneter Wissenschaft in der Medizin, die bewusste Hinwendung des Staates zu einer umfassenden Finanzierung des Gesundheitssektors und sozialen Hilfen; die nationale, medizinisch-pharmazeutische Industrie mit innovativen Produkten und nicht zuletzt die wissenschaftlichen Potenziale, Antworten auf verschiedene Herausforderungen für die Gesundheit der Bevölkerung zu finden, kennzeichnen das kubanische System (Díaz-Canel y Nuñez, 2020).

Diese Faktoren haben die Arbeiten zur Nachverfolgung, anschließender Isolation von Covid-19 Fällen und ihre Erforschung – nach den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation – erleichtert. Das solide System der Frühbehandlung, in Einklang mit den postulierten Inhalten einer „Erklärung für die Gesundheit aller“ aus dem Jahr 2000, hat es ermöglicht, dass die Behandlung positiver SARS-CoV-2 Fälle mit ihrer Nachverfolgung in den Gemeinden beginnt. Dies geht über zu den, auf Erkrankte und Isolation von Verdachtsfällen spezialisierten Krankenhäusern und endet wiederum in der Gemeinde mit der Betreuung von Patient*innen durch den Familienarzt. Diese Arbeit vereint nicht nur das Gesundheitspersonal, sondern auch die Student*innen der Medizin mit den Freiwilligen der kubanischen Massenorganisationen, unter denen die Räte zur Verteidigung der Revolution (CDR), der Bund der Student*innen an den Universitäten (FEU), die kubanische Frauenorganisation (FMC) und die Vereinigung der jungen Kommunist*innen (UJC) eine herausragende Rolle spielen. 

Außerdem erlaubt es die staatliche Führungsrolle, eine rechtzeitige Antwort auf die unterschiedlichen Herausforderungen, die durch die Pandemie hervorgerufen werden, zu finden. So etablierte die kubanische Regierung  im Januar 2020 angesichts der Nachricht von einer Krankheit pandemischen Potenzials gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium und den relevanten beteiligten Sektoren in Wirtschaft und Gesellschaft eine national vernetzte Gruppe, um Covid-19 angemessen entgegentreten zu können. Sie begann, wichtige wissenschaftliche, technische und i.A. professionelle Ressourcen zur Bekämpfung der Pandemie zu mobilisieren. Zugleich wurde ein „Plan zur Prävention und Kontrolle des Virus“ ins Leben gerufen. 

Dieser ermöglichte es, als die ersten positiven Fälle auf der Insel bekannt wurden, dass bereits entsprechende Strukturen und Antworten auf die Pandemie bereitstanden. Mit Blick auf die Ausbreitung der Krankheit auf Kuba wurden die CDR‘s einberufen. Außerdem nahm eine „Technische Temporäre Arbeitsgruppe“ ihre Arbeit auf, die sich aus Expert*innen (Akademiker*innen und Spezialist*innen der Universitäten, Forschungszentren und Pflegediensten) zusammensetzt. Ihre Aufgabe ist es, beratend und eng mit der Regierung zur Identifizierung des Ausmaßes und der Ausbreitung der Krankheit im Land zusammenzuarbeiten. Darüber hinaus werden Risiken und deren ‚Ernsthaftigkeit‘ abgeschätzt. Die Institutionen spielten in den vergangenen Monaten eine fundamentale Rolle im Management der Pandemiebekämpfung (Díaz-Canel y Nuñez, 2020). 

Weiterhin konnte Kuba auf die Unterstützung seiner medizinisch-pharmazeutischen Industrie bauen, die in der Lage ist, zu forschen, zu produzieren und der Bevölkerung Medizin und unerlässliche Behandlungen zur Verfügung zu stellen. Diese Industrie schaffte es trotz der enormen Einschränkungen durch die Blockade der Vereinigten Staaten, wertvolle Produkte zu entwickeln, die es dem Inselstaat erlauben, das Privileg  technologischer Souveränität zu haben.

Dies ist ein zentraler Faktor, um die Anzahl von PCR-Tests signifikant ausweiten zu können, die täglich an den Kubaner*innen gemacht werden. Es wurde ein einheitliches, effektives und kostenloses Behandlungsschema im gesamten nationalen Gesundheitssystem geschaffen, sodass die kubanischen Impfstoffe [am vielversprechendsten ist der Impfstoffkandidat Soberana 2, Anm.d.Red.] in einem internationalen Kontext, der bislang weit von einer (notwendigen) solidarischen Verteilung der Impfungen entfernt ist, die Nationalismen zu überwinden trachten. 

All diese Aktionen wurden der Bevölkerung mittels eines Informationsnetzes  aus Fernsehprogrammen, Werbekampagnen von öffentlicher Reichweite und einem System des Austausches zwischen Bürger*innen und Regierung mitgeteilt. Dies trug entscheidend dazu bei, gleichzeitig den Kampf gegen die „Infodemie“ aufzunehmen und eine erhöhte Sensibilisierung der Bevölkerung vor dem Hintergrund notwendiger Maßnahmen wie Abstand und Hygiene zu erreichen. 

Diese Erfolge führten in Kuba zu einer ausgewiesen niedrigen Sterblichkeitsrate, verglichen mit den anderen lateinamerikanischen Staaten. Nichtsdestotrotz machte die Insel nicht Halt bei dem internen Management der Auswirkungen des Coronavirus. Aktuell stellt die karibische Nation – den Prinzipien der Solidarität und des Humanismus folgend, die ihre Politik seit mehr als 60 Jahren bestimmen – seine Bereitschaft unter Beweis, all jene Nationen zu unterstützen, die aufgrund ihrer, zuvor bestehenden und/oder durch die Pandemie verschärften Bedingunge besonders betroffen sind. Diese Kooperation erfolgt ohne etwaige Konditionierungen und mit Respekt vor dem internationalen Recht, der Souveränität, den nationalen Gesetzen, der Kultur und der freien Selbstbestimmung jener Staaten. 

Auf diese Weise helfen 45 Brigaden des internationalen Kontingents von auf  Katastrophensituationen und gefährliche Epidemien spezialisierten Ärzt*innen „Henry Reeve“ in 38 Ländern und Territorien mit insgesamt 3.772 Mitgliedern, von ihnen 2.399 Frauen, die insgesamt 255.372 Patient*innen behandelt und über 8.000 gerettet haben. Zudem gibt es weitere 28.000 Mitarbeiter*innen aus dem Gesundheitsbereich in 58 Ländern, die sich den jeweiligen nationalen und lokalen Anstrengungen zur Bekämpfung der Krankheit angeschlossen haben. Sie haben mehr als 83.268 an Covid-19 Erkrankte behandelt und bis dato 13.636 Leben gerettet. Hierzu veröffentlichte das kubanische Gesundheitsministerium seine Arbeitsprotokolle sowie die entworfene Strategie des nationalen Handelns gegen das Coronavirus. Es hat also seine Erfahrungen mit der Bekämpfung von Covid-19 in den kompetenten, multilateralen Foren bereitgestellt (Díaz-Canel y Nuñez, 2020).

Eben diese Elemente erinnern daran, dass eine effiziente Arbeit, um Corona entschlossen zu begegnen, nicht qua Rühmung von Nationalismen entwickelt werden kann, welche die Lieferung von Ressourcen an die hilfsbedürftigsten Nationen verhindern. Ebenfalls verbieten sich neoliberale Programme, die die Ökonomisierung der Gesundheit und die Minimierung des Staates in der Gesellschaft vorantreiben. Die momentane Situation bedarf einer koordinierten und solidarischen Antwort, die sich auf die staatliche Verantwortung für die Förderung der Gesundheit stützt.

Kuba ist der Beweis für die Stärken eine Gesundheitssystems, das sich auf diese Prinzipien stützt. Die kleine Insel, obwohl sie mit der eigenen Unterentwicklung und den großen Hindernissen, welche ihr die US-Blockade aufzwingt, konfrontiert ist, schaffte es trotz alledem ein System zu implementieren, das den Auswirkungen des Coronavirus auf nationaler und internationaler Ebene vorbeugt und diese lindert.

Bibliographie: 

Banco Mundial. (2020). La Covid-19 (coronavirus) hunde a la economía en la peor recesión desde la segunda guerra mundial. Obtenido de Banco Mundial: https://www.bancomundial.org/es/news/press-release/2020/06/08/covid-19-to-plunge-global-economy-into-worst-recession-since-world-war-ii

Rodríguez, L. (2020). Cuba rompe el dominio de un sector monopolizado. Recuperado el 6 de febrero de 2021, de https://visionespoliticainternacional.blogspot.com/2021/02/vaccin-cuba-brise-la-domination-dun-.html?m=1

Worldometer. (2020). Worldometer. Obtenido de https://www.worldometer.info/coronavirus/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert