Von UN-Resolutionen und Staatenbündnissen

Der Artikel kommt aufgrund mehrerer Hurrikane und landesweiten Stromausfällen mit etwas Verspätung. Die erwähnten Daten liegen mittlerweile etwas länger zurück als im Text erwähnt.

Das ‚Wirtschafts-, Handels- und Finanzembargo‘ bzw. die US-Blockade gegen Kuba besteht seit nun schon 62 Jahren und kann als die umfassendste Wirtschaftsblockade gegen einen Staat angesehen werden. Die US-Blockade besteht aus einem Netz verschiedener – aus völkerrechtlicher Sicht – höchstfragwürdiger Gesetze, die es Drittstaaten verbieten mit Kuba zu handeln und es gleichzeitig US-Behörden erlaubt wichtige Einnahmequellen von Devisen (= Geld in einer ausländischen Währung) für Kuba einzuschränken und zu sperren. Die Wirtschaftsblockade „gilt als primärer Faktor und als Haupthindernis für die Entwicklungsprobleme der [kubanischen] Gesellschaft.“ (Amerika21) Ihr Ziel ist es Unzufriedenheit, „Hunger und Verzweiflung und den Sturz der Regierung“ (Department of State) herbeizuführen, wie aus Originaldokumenten der US-Regierung aus den 60er Jahren hervorgeht.

Durch diese umfassende Blockade, die jeden Lebensbereich der kubanischen Gesellschaft betrifft, fehlt es der kubanischen Bevölkerung an vielen wichtigen Ressourcen: im Gesundheitssektor fehlen lebenswichtige Arzneimittel und medizinische Geräte können nicht angeschafft werden. Auch die Beschaffung von Lebensmitteln, Treibstoff und Ersatzteilen für das Stromnetz sowie das Tätigen von Überweisungen zum Kauf von Gütern sind von der Wirtschaftsblockade stark eingeschränkt.

Vergangenen Dienstag fand die UN-Generalversammlung in New York statt, in der über die Resolution „Notwendigkeit der Aufhebung des von den Vereinigten Staaten von Amerika gegen Kuba verhängten Wirtschafts-, Handels-, und Finanzembargos“ abgestimmt wurde. 187 Mitgliedsstaaten forderten mit ihrer Stimme das sofortige und bedingungslose Ende der US-Blockade gegen Kuba. Nur die USA und Israel stimmten dagegen und Moldawien enthielt sich überraschenderweise.

Eine klare Abstimmung einer überwältigenden Mehrheit der UN-Mitglieder, die dieses Jahr zum 32. Mal in Folge bekräftigt wurde. Leider wird die Abstimmung, wie in den letzten Jahren auch, höchstwahrscheinlich keine Beendigung der Blockade oder ausreichend positive Veränderungen für das kubanische Volk bedeuten, da Beschlüsse der UN-Vollversammlung im Gegensatz zu den Beschlüssen des UN-Sicherheitsrats rechtlich nicht bindend sind.Was die Abstimmung trotzdem Jahr für Jahr deutlich macht ist die Vormachtstellung der USA und ihrer Verbündeten in der UN, die es ihr wieder einmal ermöglicht internationales Recht ohne Konsequenzen mit den Füßen zu treten. Die Abstimmung verdeutlicht auch, dass die Weltgemeinschaft mindestens eine Reform des UN-Systems bzw. eine gerechtere Alternative dieses Systems braucht.

Eine Alternative, die eventuell gerade im Entstehen sein könnte.

Eine Woche vor der UN-Generalversammlung wurde Kuba im russischen Kazan mit zwölf weiteren Ländern des globalen Südens in das BRICS-Staatenbündnis aufgenommen. Dieses historische Ereignis habe ich hier in Havanna mitbekommen, nicht weil ich die Nachrichten verfolgt hätte, sondern weil ich auf dem Weg ins ‚Hotel Nacional‘, einem der größten Hotels Havannas und dem wahrscheinlich leckersten Frappuccino Kubas, gesehen habe, dass dort die Fahnen verschiedener, willkürlich erscheinender Staaten gehisst wurden. Mein erster Gedanke war, dass das Hotel eine Konferenz beherbergt. ‚Unwahrscheinlich, dass die alle hier sind‘ dachte ich mir. Nachdem ich die Nachrichten gelesen habe, verstand ich mehr.

Bisher waren im BRICS-Bündnis, wie der Name verrät, die Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika vertreten. Neben Kuba wurden nun auch Algerien, Belarus, Indonesien, Kasachstan, Malaysia, Nigeria, Thailand, die Türkei, Uganda, Usbekistan und Vietnam als Partnerländer in das Staatenbündnis aufgenommen. Somit besteht das Bündnis nun aus zehn Vollmitgliedern und 13 Partnerländern. Letztere sind zwar (noch) keine Vollmitglieder, werden jedoch in Prozesse des Bündnisses eingebunden.

Die BRICS-Staaten sprechen sich in der zuletzt verfassten ‚Kazan Declaration‘ dafür aus die Vereinten Nationen (UN) zu reformieren und verurteilen Sanktionen und Wirtschaftskriege des Westens gegen seine Gegner. In der Deklaration sind außerdem Maßnahmen vorgesehen, die wirtschaftliche Kooperationen und Handel erleichtern sollen. Es ist beispielsweise die Rede von einer Plattform für Getreidehandel und weiterer Agrarprodukte und Düngemittel. Die BRICS-Staaten planen sich langfristig, durch Nutzung nationaler Währungen und Kredite der New Development Bank (NDB), vom westlichen Finanzsystem unabhängig zu machen. Auch ein BRICS Zahlungssystem in entfernterer Zukunft ist im Gespräch. Durch diese angestrebten Veränderungen entstünde zum ersten Mal ein Gegengewicht zum US-Dollar, der historisch von der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) als Druckmittel gegen Länder des Globalen Südens genutzt wurde und wird.

Für Kuba könnte die Mitgliedschaft somit eine Chance sein, den US-Wirtschaftskrieg zumindest in Teilen zu umgehen und gleichzeitig seine Ressourcen, Technologien und herausragenden wissenschaftlichen Erkenntnisse bspw. im Bereich der Pharmaindustrie, Biotechnologie und der Medizin mit anderen Ländern des globalen Südens zu teilen. Denn, um den Artikel in kubanischer Manier abzuschließen und Che Guevara zu zitieren, „die Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker“ und vielleicht wichtigster Aspekt des kubanischen Selbstverständnisses.

Ein Artikel von Jack

Quellen & Lesehinweise

Amerika21: Brics: Kuba und Bolivien ins Staatenbündnis aufgenommen (https://amerika21.de/2024/10/272104/brics-erweiterung-lateinamerika)

America21: Kuba präsentiert Bericht über die US-Blockade (https://amerika21.de/2024/09/271473/kuba-praesentiert-blockadebericht)

Cubadebate: Cuba y otros 12 países son miembros asociados de los BRICS (http://www.cubadebate.cu/noticias/2024/10/24/cuba-y-otros-12-paises-son-miembros-asociados-de-los-brics/)

Cubaheute: Uno fordert Ende der US-Blockade gegen Kuba und Milei entlässt seine Außenministerin (https://cubaheute.de/2024/10/31/uno-abstimmung-die-welt-fordert-ein-ende-der-us-blockade-gegen-kuba/)

Department of State: Central Files, 737.00/4–660. Secret. Drafted by Mallory.(https://history.state.gov/historicaldocuments/frus1958-60v06/d499)

Junge Welt – Hoffnung Brics (https://www.jungewelt.de/artikel/486790.unblock-cuba-hoffnung-brics.html?sstr=Hoffnung%7CBrics)

Junge Welt: UNO verurteilt US-Blockade gegen Kuba (https://www.jungewelt.de/artikel/486928.unblock-cuba-uno-verurteilt-us-blockade-gegen-kuba.html?sstr=Kuba)

Ein Gedanke zu „Von UN-Resolutionen und Staatenbündnissen“

  1. Ich finde diesen Artikel sehr informativ und letztlich doch auch voller kleiner Hoffnungs-Wölkchen für die Zukunft der ganzen Menschheit und vor allem auch des mutigen, kubanischen Volkes. Ganz herzlichen Dank euch Friedens-Engeln!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert