Alltagsatmosphären

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Drückende Hitze – eigentlich vollkommen normal, aber trotzdem immer wieder erwähnenswert. Sie ist allgegenwärtig und umgibt mich wie eine Blase. Das Leben scheint in doppelter Geschwindigkeit an mir vorbeizuziehen. Ich befinde mich in der Rolle des Beobachters, versuche alles zu sehen, alles mitzubekommen, alles aufzunehmen, zu riechen, zu hören, zu fühlen.

…Aber da ist immer noch diese Hitze…

Ich stehe in der prallen Sonne an einer Straße, der stechende Geruch von heißem Teer, vermischt sich mit verbrennendem Benzin aus alten Motoren. Eine leichte Note von warmen Abfällen weht herüber, zieht jedoch schnell wieder vorbei und lässt sich das Benzin, erneut und penetranter als zuvor, bemerkbar machen.

Altes Metall, verrostete Containerecken und massive Stahlketten knarzen, quietschen und rasseln über die Straße. Ein Fahrrad, welches einst in weinrotem Lack glänzte, doch nun nur noch mit Mühe seine alte Pracht erahnen lässt, wird scheppernd über den Bordstein gewuchtet, während irgendwo in der Ferne ein Verkäufer mit kehliger Stimme seine Waren preist.

Ich spüre die kleinen Steinchen, welche von den vorbeifahrenden Autos auf den Gehweg katapultiert wurden, unter meinen Schuhen. In unregelmäßigen Abständen kitzelt ein Windhauch über meinen Nacken und lässt für einen verschwindend kurzen Augenblick die erbarmungslose Hitze vergessen. Ich spüre eine Schweißperle meine Schläfe herunter rinnen, spüre wie sich plötzlich der Boden unter den Schritten der rennenden Meute bewegt, spüre wie ich von dem Strom erfasst werde, spüre wie er mich mit sich zieht – unfähig mich gegen seinen Sog zu sträuben, spüre wie sich mir Schultern, Ellenbogen und Knie in den Körper bohren, spüre heißen Atem auf meiner Haut, spüre den Antrieb, die Energie, das Potential der Masse.

Ich bemerke wieder den angenehm kühlen Hauch vom Müllberge zu mir hinunter wehen, rieche den warmen Abfall der Menschen, spüre nur noch die Steinchen, welche von den vorbeifahrenden Autos auf den Gehweg katapultiert wurden unter meinen Schuhen.
Die sich unter lautem Ächzen schließende Doppeltür, sowie das ohrenbetäubende Grollen des anspringenden Motors reißen mich aus meinen Gedanken. Der metallene Koloss, welcher all das Leben von der Straße geschluckt zu haben scheint, setzt sich in Gang. Erst langsam, dann immer schneller, bis es schließlich um den in der Ferne liegenden Müllberg verschwindet. Wie gebannt starre ich noch einen Augenblick länger in die Ferne bis mir auf einmal klar wird:

„Scheiße – ich habe schon wieder den Bus verpasst.“

Dieser Artikel ist von Kjell. Hier geht es zu weiteren Artikeln von ihm.

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